Mit Bestürzen haben wir die Äußerungen von Regierungssprecher Steffen Seibert und Sprechers des Auswärtigen Amtes Martin Schäfer wahrgenommen.

Es sind die Vorgaben aus der Türkei, denen gefolgt wurde, um Vertretern des Deutschen Bundestages einen Besuch auf dem türk. NATO-Stützpunkt in Incirlik zu ermöglichen.
Mit den Äußerungen der beiden Sprecher stellt die aktuelle Bundesregierung nicht nur die Souveränität der Bundesrepublik Deutschlands in Frage, sondern distanziert sich zudem von der Forderung des Deutschen Bundestages in der Resolution vom 02. Juni 2016.

Zur Erinnerung:
Die aktuelle Bundesregierung setzt sich überwiegend aus Mitgliedern des Deutschen Bundestages zusammen. Bei einer Enthaltung und einer Gegenstimme bei der Resolution waren es keine Mitglieder aus der Bundesregierung. Folglich bedeutet dies, dass man als eigenständiges Verfassungsorgan allein aus moralischen Grundsätzen der Bundesrepublik Deutschland heraus versucht diese Forderungen zu realisieren.

So heißt es aus dem Auszug der Bundestags-Resolution vom 02. Juni 2016:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
– im Geiste der Debatte des Deutschen Bundestages vom 24. April 2015 zum 100. Jahrestag weiterhin zu einer breiten öffentlichen Auseinandersetzung mit der Vertreibung der Armenier 1915/1916 sowie die Rolle des Deutschen Kaiserreiches beizutragen,

– die türkische Seite zu ermutigen, sich mit den damaligen Vertreibung und Massakern offen auseinanderzusetzen, um damit den notwendigen Grundstein zu einer Versöhnung mit dem armenischen Volk zu legen,

– sich weiterhin dafür einzusetzen, dass zwischen Türken und Armeniern durch die Aufarbeitung von Vergangenheit Annäherung, Versöhnung und Verzeihen historischer Schuld erreicht werden,

– weiterhin wissenschaftliche, zivilgesellschaftliche und kulturelle Aktivitäten in der Türkei und Armenien zu unterstützen und im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel zu fördern, die dem Austausch und der Annäherung sowie der Aufarbeitung der Geschichte zwischen Türken und Armeniern dienen.

Statt den Forderungen im Beschluss des Bundestages nachzukommen, wirkt die Bundesregierung dagegen, sabotiert geradezu.
Die Aufforderung aus der Türkei könnte man freundlich, aber klarstellend abweisen; auch im Hinblick auf den zweiten und dritten Spiegelstrich aus dem Auszug.

Zudem ist zu bemerken, dass der heutige Nato-Stützpunkt auf Eigentum von enteigneten armenischen Völkermordopfern beruht.
Eine makabere Konstellation bei der türkischen Forderung und gleichzusetzen mit Hohn und Spott für die Opfer von 1915.

Die Bundesregierung lässt folgendes verlauten:“ Das Wort „Völkermord“ habe in der Tat rechtlich eine ganz bestimmte „Legaldefinition“, und dies werde von den zuständigen Gerichten ausgelegt und festgestellt.
Begriff des „Genozid“: Die Bundesregierung stellt für den rechtlichen Begriff des Völkermords auf die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes vom 9. Dezember 1948 ab. Für die Bundesrepublik Deutschland ist sie seit dem 22. Februar 1955 in Kraft. Sie gilt nicht rückwirkend.“

Bezugnehmend hierzu ist es schmerzend solche Zeilen lesen oder hören zu müssen. Es ist eine indirekte Herabwürdigung und Pein der armenischen, assyrisch/aramäischen, griechischen und anderen Völkermordopfer von 1915 und ihrem Andenken.

Gleichzeitig ist es eine Herabstufung der Opfer des Holocausts, die bekanntlich vor dem 22. Februar 1955 umgekommen sind. Gibt es keine rechtliche Bindung dieser Begrifflichkeiten, könnte man sich die Frage stellen welche Grundlage Reparationsleistungen haben, die die Bundesregierungen seit Jahrzehnten bis heute leisten.

Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, betonte die engen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei. Die Beziehungen zur Türkei „sind uns auf Grund der Vielzahl von politischen, aber auch wirtschaftlichen, kulturellen und vor allem menschlichen Verbindungen zwischen unseren beiden Staaten sehr wichtig“, so Schäfer.
Äußerungen wie diese und anderer Vertreter der Bundesregierung, erinnern an ein bekanntes Zitat des früheren Reichskanzlers von Bethmann Hollweg, was verletzend gegenüber den Nachfahren und Häme gegenüber der Opfer von 1915 ist.

Wir bitten dies zukünftig gänzlich zu unterbinden. Wirtschaftliche oder andere weltliche Interessen dürfen nicht über Grundsätze der Menschlichkeit gestellt werden. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass dies Grundlagen für Krieg und Zerstörung auf der Welt sind. Eine Erinnerungskultur, die an begangene Gräuel gedacht wird, muss ergänzt werden durch eine Kultur des Lernens. Aus Fehlern zu lernen und sie nicht zu wiederholen.

Eine Demokratie, die Wert auf moralische und ethische Grundsätze legt, ist dabei sich von einem totalitären Regime lenken zu lassen, welchen man als verlässlichen Partner einstuft. Ein partnerschaftliches Verhältnis setzt voraus, sich auf Augenhöhe und mit Respekt zu begegnen. Dies ist aufgrund der jüngsten Äußerungen von hohen türkischen Vertretern nicht gegeben.

Wir wünschen uns von der aktuellen Bundesregierung eine Geradlinigkeit in ihrer Außenpolitik, wo das Demokratieverständnis wie z.B. von Menschen- und Frauenrechten, Religions- und Pressefreiheit vor allem mit seinen Partnern klar und unmissverständlich dargelegt wird. Eine unterwürfige und fremdbestimmte Außenpolitik durch Vorgaben anderer ist nicht förderlich für die Bundesrepublik Deutschland.

Save Our Souls – 1915.de e.V.

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